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Luftfracht am EAP mit Perspektiven?
Basel (01.01.02) - Ein Artikel von Willfried
Schmid über die Zukunft der Luftfracht am EuroAirport:
Die Luftfracht ist momentan auf
Schrumpfkurs - in Zürich steht moderne Kapazität herum, am
EuroAirport dagegen muss man sich mit veralteten Frachtanlagen
behelfen - IG Cargo und die Expressfracht kritisieren diesen Zustand
- Zukunftsperspektiven wären ein Grund am Standort festzuhalten -
damit die Luftfracht am EAP eine Zukunft hat, sollen Spezialisten
Gelände kommerziell entwickeln - die Zone 4 ist für solche Pläne
da.

Foto: Rolf Keller
Die Luftfracht am EuroAirport
ist im Tief. Das Aus von Swisscargo
mit ihren Frachtern ist Teil des Problems und die alte Ausgangslage,
dem EuroAirport fehlen solide Carriers, die auf ihn setzen, das
andere. Mit jedem Strategiewechsel oder Konkurs ist die Entwicklung
abgebremst. Swisscargo war eine Marke mit Altlasten aus Swissair-Zeiten.
Der Flughafen ortet eine hohe Marktvolatilität. Normale Luftfracht
ist nicht an Standorte gebunden wie Passagier-Airlines. Dem wird
nicht unisono zugestimmt. Er ist Teil des Marktes und kann diese
Volatilität abfedern. Korean
Aircargo braucht Partner für ihre regelmässigen Frachter.
Fallende Import- und Exportembargos eröffnen neue Möglichkeiten
und Allianzen. Bestehende Verkehrsrechte mit "Open Sky"
nach den USA stehen zur Verfügung. Die neue Crossair
denkt an Vollfrachter mit neuen Partnern ab Basel oder Zürich. Seit
1978 gibt es die Expressfracht. Sie ist standortbezogen, da sie mit
dem Zeitfaktor arbeitet. Der Flughafen ist zum Hub avanciert mit
rund 22'000 to. im Jahr 2001. Die Branche ist mit dem Tür zu Tür
Konzept fest verankert. Die Pharma- und Biotechkonzerne in der
Region bauen stark darauf.

Foto: Thomas Rothlin
Das Dilemma am Rheinknie
In Basel sind die Zentralen der
Speditions-Multis Danzas-AEI
und Panalpina.
Trotzdem ist ihr Umschlag am Flughafen bescheiden. Ein Teilproblem
liegt in der Bedienung des EuroAirport mit kleineren Maschinen, die
wenig Raum für Luftfracht haben und das Ausbleiben von
Interkontinentalflügen im Linienverkehr. Die Region gilt zwar als
zentral gelegen und exportstark. Diese Stärken lassen sich ohne
aktives Zutun aber nicht nutzen. Ihre Europa-Importe schleusen diese
Topspediteure allerdings am EAP vorbei. Die Verlader kümmern sich
wenig um die hiesigen Vorteile und vergeben somit die Chance auf
bessere Frachtraten, die sie immer wieder beklagen. Bedeutende
Institutionen wie die Handelskammern zeigen diesbezüglich ebenfalls
wenig Initiative, den Spiess umzudrehen. Die Luftfracht hat regional
kein grosses Gewicht, deshalb sind zweitklassige Frachtterminals die
Folge. Bisher fanden wenige Versuche statt, die auf eine
Rollenfindung im Nurfrachterbereich hindeuten. Die Luftfracht mit
B-747 oder DC-10-Kapazitäten muss auf ein überregionales
Einzuggebiet im Import- wie Export zählen können.

Foto: Thomas Rothlin
Die Expressfracht ist
investionsbereit
Die Expressfracht hat in die Region
investiert und möchte dies auch weiterhin tun. In Muttenz betreibt DHL
ein Call Center und Frachtterminals mit 300 Arbeitsplätzen. UPS
hat in Arlesheim ähnliches getan. DHL mit Boeing 757, Federal
Express mit Airbus 310 und TNT
Group mit Tupolev 204 haben in neue und grössere Frachter
investiert, die wirtschaftlich und leiser sind. Am Flughafen mieten
sie sich in das Westend 1 mit rund 6500 m2 Umschlag- und
Bürofläche ein, mit einem Personalbestand von ca 450 Personen vor
Ort (gesamte Luftfracht am EAP : 750 Arbeitsplätze). Die Branche
baut auf neue und weiterausgebaute Transportkonzepte wie
just-in-time oder time-definite. Mit grösseren Volumen wächst der
Platzbedarf für Umschlag und Abwicklung. Am EAP hält man ein
Terrain im Süden bereit, um ein Westend 2 zu errichten. Dieses
wäre 28000 m2 gross und würde Tarmac und Frachtterminals umfassen,
Kostenpunkt ca. 70 Mio. samt Erschliessung.

Foto: Rolf Keller
Das Geld fehlt im Augenblick
Dem Flughafen fehlen wegen der
Süderweiterung des Passagierterminals just die Mittel zur
Terrainerschliessung. Die Integrators wollen diese Kosten nicht
übernehmen. Für DHL ist es sehr wichtig, vom Flughafen Zeichen zu
erhalten, die auf Entwicklungsperspektiven hinweisen. Sehr
strapazierend war die Verschärfung der Nachtflugbestimmungen für
ältere Flugzeuge der Lärmkategorie III ab 22.00 Uhr per 1.
Dezember. DHL sieht darin auch einen Mangel seitens des EAP,
Sachzwänge beim Flugbetrieb zu begreifen. Nach wie vor ist auch das
Parkierprozedere für die B-757 nicht zufriedenstellend gelöst. Man
will den Frachter auf der Höhe des Westend 1, um Zeit zu sparen.
Alles zusammen hat die Flotten-, Routen- und Slotplanung bei DHL
erschwert. 44 leise B-757-200SF sind bestellt aber erst deren vier
im Einsatz. Seit 25. November wird auch der EAP angeflogen. Geplant
war der Einsatz ab Frühling 2002. Um die Zeitfenster in Brüssel zu
halten und den Transport bis zur Endbestimmung im System halten zu
können, bedurfte es operationeller Schwerarbeit. DHL Schweiz sieht
darin einen schlechtem Kundenservice. Die Vertrauensbasis ist sehr
angekratzt. Die heutige Situation mit Überkapazität in Zürich
und dem Defizit an moderner Infrastruktur für die Expressfirmen
führt zu Standortüberlegungen führen ("Off-Airport"
oder Zürich). Im ersten Fall würde der EAP nur noch als
Durchgangsstation genutzt. Die Zeitfenster am EuroAirport ab 5 Uhr
bis 24 Uhr sprechen noch für ein weiteres Verbleiben. Jede
Verlagerung wäre mit Qualitätseinbussen für die regionale
Wirtschaft mit schlechteren Lieferzeiten verbunden.

Foto: Rolf Keller
Das Investitionsklima
Für Urs Sieber, Direktor des
EuroAirport, ist klar, dass sowohl die Expressfracht wie auch die
traditionelle Luftfracht zum Kerngeschäft des Flughafens gehören.
Wer diese Aufgabe wahrnehmen soll, stellt sich nun. Zwingend zu den
äusseren Rahmenbedingungen gehören die heutigen Flugfenster ab 5 -
24 Uhr für moderne Airbus- und Boeing-Frachter, ein gutes
Investitionsklima für ansässige und potentielle Anbieter sowie
neue Finanzierungs- und Betriebsformen, damit auch in Zukunft
wichtige Projekte wie das Westen 2 realisierbar sind. Die fast
komplett im Besitz des EAP befindliche Zone 4 im Süden des
Geländes ist bereits soweit entwickelt, dass alle wissen, wo der
Tarmac, die Energiezufuhr, die Strassenanbindung zu liegen kommen.
Zu bewilligen wäre noch das eigentliche Bauprojekt. Alle
navigatorischen Abklärungen sind gemacht. Jetzt soll die Zone
öffentlich ausgeschrieben werden. In die erste Jahreshälfte 2002
fallen die Verträge mit dafür spezialisierten Unternehmen und das
definitve Bauprojekt samt Baugesuch. Ab zweiter Jahreshälfte soll
die Realisierung beginnen. Zum Westend 2 haben sich die Integrators
bereits positiv geäussert. Heute schon sind rasche Lieferzeiten und
Logistikpakete für grosse Ladungen aus einer Hand entscheidend.
Neue Anbieter treten auf, die den Produzenten die ganze Logistik ab
Lager bis zum Endabnehmer abnehmen. Dafür sind beispielsweise
Terrains mit raschem Zugang zum Flughafen interessant, praktisch in
Sichtweite zum Vollfrachter. Dafür böte sich die Grand Sablière
an, wo Bahn, Autobahn und Flughafen direkt nebeneinander liegen.

Foto: Rolf Keller
IG Cargo mit einer Stimme für
die Luftfracht
Die IG Cargo soll Kräfte bündeln,
um gegegenüber dem Flughafen die Interessen besser zu vertreten. Am
12. Dezember traf man sich zur Strategiesitzung. Auch in Zukunft
will man Luftfracht umschlagen und die Vorteile nutzen wie starke
regionale Exportkraft, Zugang zu den Teilmärkten Elsass, Schweiz
und Südbaden. Im letzteren ortet man noch einen wenig erschlossenen
Markt. Durchlässige Grenzen am EAP sind dabei wichtig. DHL lädt
auch aus Mulhouse, Colmar und Freiburg bei, was die Kapazitäten
besser auslastet. Obwohl die Luftfracht gegenwärtig weltweit
zurückgeht, besteht Bedarf nach Nurfrachter, denn die Volumen
passen nicht immer in die Unterflurräume der Passagierjets hinein.
Dass man am EAP Vollfrachter optimal betreiben kann, liefert die
Statistik. Swissport
Basel AG betreibt ein effizientes Frachthandling mit raschen
Durchlaufzeiten und wird von Cargolux
und Korean als top bewertet. Um erfolgreich anschieben zu können,
garantierte Danzas auf Flügen via Atlanta und Seoul ein bestimmtes
Aufkommen. Damit war ein Teil des Risikos für die Airline
abgedeckt. Codeshares mit anderen Airlines waren weitere Stützen,
um das Risiko für die Partner abzufedern. Der Flughafen bot
kommerzielle Anreize. Dies kann auch jetzt wiederholt werden. Novartis
setzt auf Nurfrachter, um Pharmaprodukte mit beschränkter Haltung
in grösseren Mengen nach Japan und Australien zu liefern oder
Alstom weltweit mit schweren Ausrüstungsgütern, was Kosten spart.
Diese Vorteile zu nutzen, dürfte auch IG Cargo interessieren. Heute
herrscht allerdings noch das Bedauern verpasster Chancen oder
schiefgelaufener Bemühungen vor. Ein Umschwung müsste allerdings
bald kommen. (28.12.01)
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